1:32 Lancia Fulvia Spider, Targa Florio 1969 - vorübergehend geöffnet!
Oder: Das italienische Rennbügelbrett

Obwohl es schon fast zwei Jahre her ist, dass ich meine umfangreiche Sammlung an Fahrzeugen, die an der Targa Florio teil genommen haben, verkauft habe, lässt mich dieses Thema immer noch nicht los! Seinerzeit trug ich über 100 Slotcars zusammen, die ich als Umbauten, Repaints oder Umdekorationen von Standardmodellen oder Resine-Bausätzen den Rennen der Targa Florio angepasst hatte! Dennoch lagen einige Schätzchen, „Projekte“ wie ich sie nenne, unbearbeitet in meinem Schrank.  Zu schade jedoch, sich von ihnen zu trennen - dem Reiz des Umbaus, des Scratchbaus, konnte ich mich nicht entziehen. So auch bei diesem „Projekt“, dem Lancia Fulvia Spider.




Zur Geschichte:

Man schrieb die Rennsaison 1969, als Lancia Rennleiter Cesare Fiorio und der am Ende einer langen und erfolgreichen Karriere stehende Rennfahrer Umberto Maglioli mit einer Renn-Barchetta auf Basis der Fulvia HF Renn- und Rallyepisten unsicher machten.

Die Ursprünge des Fulvia ohne Dach liegen der Legende nach im 24-Stunden-Rennen von Daytona 1969 verborgen. Während des Rennens in Florida litten die Lancia-Fahrer wegen überhitzender Cockpits an frühzeitiger Ermüdung. Für die kommende Targa Florio auf Sizilien entschieden sich Rennleiter Cesare Fiorio und sein Topfahrer Umberto Maglioli daher für einen radikalen Umbau: Neben der Umwandlung zum schamlos offenen Spider verkürzte man das Heck um 24 Zentimeter und holte gegenüber dem Fulvia Coupé glatte 80 überflüssige Kilo aus dem Auto! Um noch genügend Verwindungssteifigkeit zu bewahren, wurde der Aufbau durch einen soliden Gitterrohrrahmen verstärkt. So entstand der „F & M Special“. Das „F & M“ stand für „Fiorio & Maglioli“. Mit diesem abgespeckten und von einem im Bug installierten V4-Motor mit rund 135 PS angetriebenen Modell trat Lancia 1969 bei der Targa Florio in der Klasse bis 1,6 Liter an. Mit Erfolg: Sandro Munari und sein Rallye-Kollege Rauno Aaltonen liefen als Neunte im Gesamtklassement und Zweite in ihrer Klasse ein. Beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring feierte die Squadra Lancia mit ihren Rennbügelbrettern sogar einen doppelten Klassensieg: Platz Eins (und Platz 27 im Gesamtklassement) für Munari/Aaltonen und Platz Zwei (Platz 29 im insgesamt) für Maglioli und “Lele” Pinto.

Auch bei großen Rallyes wie der Tour de Corse kamen die Lancia Fulvia FM zum Einsatz – dann jedoch bestückt mit der Original-Windschutzscheibe des Coupés, Seitenscheiben, einem soliden Überrollkäfig und der für die damalige Zeit üblichen Batterie Zusatzscheinwerfer. Unter den Fahrern dieser Hybrid-Modelle waren Rallye-Größen wie Sandro Munari, Timo Mäkkinen oder Harry Källström, der mit einem solch halboffenen Fulvia 1969 die Rallye des Mittelmeers gewann. Als mehr oder weniger wirksamen Schutz gegen Regen hatte Lancia übrigens schnell montierbare “Hardtops” aus Aluminium in Form gedengelt…

Zum Modell:

Zwar war mir bekannt, dass es bereits ein Resinemodell  dieses Spiders von BSB aus England für ca. 30.- € zu erstehen gab, wobei mir die Qualität des Gusses nicht bekannt ist. Auch ist bei diesem Modell der Fahrer nur als knappe Büste ausgebildet, das Cockpit also eine „Badewanne voll schwarzes Wasser“. Gerade bei solch einem offenen Modell sollte man das Cockpit möglichst vollständig ausbilden, wird dem Betrachter doch ein sehr tiefer Einblick ins Innere gewährt.

Schon vor Jahren hatte ich mir deshalb als Basis für den Umbau das Fulvia Coupé in der ‘72er Monte Carlo-Version von AutoArt gekauft:

 

Zerlegt war der kleine Italiener sehr schnell:

 

 Und fast noch schneller war das Dach mit dem Kreissägeblatt in der MiniTool abgetrennt und die Bedruckung mit einem Wattestäbchen und Nitro-Verdünnung vorsichtig weggewischt:

 

 Ein passendes Stück Polystyrol, 1 mm stark, wurde zugeschnitten und eingepasst:

 

 

 Auf diesem Einsatz habe ich die Form der beim Original eingefügten Abdeckung und der entsprechenden Sicken eingezeichnet…

 

 

… und ausgeschnitten. Dabei wurde auch die Lüftungsöffnung auf der Motorhaube verschlossen und eine neue Position für den Tankeinfüllstutzen markiert. Auf der Motorhaube galt es, eine weitere Bohrung für einen zweiten Tankstutzen zu setzen, der von unten mit einem Stück Plastiksheet verschlossen wurde.

 

 

 Vom Chassis des Spendermodells habe ich den Front- und den Heckteil abgetrennt, in die Karosserie eingepasst, mit 2k-Spachtel verspachtelt und verschliffen. Ebenso verschlossen wurde der frühere seitliche Tankdeckel, das bisherige Loch für den Tankstutzen, die Öffnungen für die Zusatzscheinwerferhalter, der hintere Nummernschildträger, jeweils die vordere Bohrungen für die Türgriffe und die Scheibenwischer. Nach dem Verspachteln, Verschleifen und Neugravieren der Sicken war ich an diesem Punkt angekommen:

 

 Nun galt es, das Cockpit scratch zu bauen – hierauf wollte ich ein besonderes Augenmerk legen. Zur Ermittlung der lichten Höhe im Inneren baute ich mir eine Pappschablone:

 

Einen absolut toll passenden Fahrer für meinen Spider fand ich in meinem Fundus – er stammt von PROTO. Analog meiner Schablone schnitt ich aus 1 mm PS-Platten mein Cockpit. Die etwas stärker angeschrägte Rückwand ist dem Sitz des Motors geschuldet. Ich hatte mich für ein Sidewinder-Chassis von Penelope Pitlane entschieden, welches genügend Raum für den Einbau eines solchen vollen Cockpits erlaubte. Dazu aber gleich mehr.

 

 

Herr Aaltonen hat schon mal Platz genommen… Das Cockpit wurde mit zusätzlichen Details wie einem angedeuteten Gitterrohrrahmen, dem Schalthebel aus dem Spenderauto, einem Feuerlöscher aus der Grabbelkiste, einem zweiten Sitz und einer Pedalerie (beides vormals vom Triumph TR4 von Airfix übrig) aufgewertet:

 

 

Auch das Lenkrad stammt vom Spendermodell und wurde mit einem Stück Rundmaterial als Lenksäule komplettiert. Damit der Fahrer jedoch anatomisch korrekt im Fahrzeug sitzt und das Lenkrad gut in den Händen halten kann, mussten zuvor die Hände abgetrennt und in einem etwas weiteren Winkel wieder verklebt werden. Die Fersen wurden ein wenig abgeflacht, sonst wäre diese Sitzposition nicht möglich gewesen. Nach dem Bemalen von Figur und Cockpit:

 

 

 

 

Die Sitzgurte habe ich durch bemaltes Tamiya-Tape ergänzt. Helmdekor und –typ entspricht ziemlich genau dem von Rauno Aaltonen. Nun konnte ich mich dem Weiterbau der Karosserie widmen. Zunächst bog ich aus 1,5 mm starkem Kupferdraht den Überrollbügel und passte ihn ein:

 

Nun kam es zum entscheidenden Punkt dieses Umbaus: Gegenüber dem Coupé, also dem Spenderauto, wies der Spider eine Besonderheit auf: Im Original war das Heck des Spiders um 24 cm kürzer als das des Coupés! Im verkleinerten Maßstab waren dies 7mm, die es aus dem Heck heraus zu trennen galt! Anzeichnen…

 

 

… und abtrennen! Aber: Da das Heck der Fulvia sich nach hinten verjüngt, mussten die Kotflügel nach dem hinteren Radlauf leicht nach innen gebogen werden, Dazu waren Einschnitte neben der Kofferraumhaube notwendig (s. grüne Pfeile oben!). Der Heckspiegel wurde gerade abgeschnitten,…

 

 

…an den unteren Kotflügelverbreiterungen ebenfalls ein Schnitt gesetzt, nach innen gebogen, verspachtelt und verschliffen. Unter die Schnitte neben dem Kofferraum wurden Plastikstreifen von unten gegen geklebt, um dem Spachtel besseren Halt zu geben.

 

 

Im Zuge dieser Arbeiten habe ich das Heckteil, welches ich vom Chassis abgetrennt hatte, ebenfalls eingefügt, verspachtelt und verschliffen.

 

 

Ein Vergleich mit dem Coupé vor der großen Schleiforgie zeigt das deutlich kürzere Heck des Spiders! Hier dienten mir noch die Felgen des Porsche 550 Spider von REVELL als „Platzhalter“. Hier der erste Eindruck vom gekürzten Heck nach dem Verschleifen:

 

Der nächste Schritt war das Aufbringen der kleinen Wölbung über dem Armaturenbrett:

 

 

Ein 2,5 mm breiter Streifen wurde dazu leicht gerundet, verklebt, mit Spachtel verfüllt und verschliffen. Von unten habe ich ein Armaturenbrett eingepasst. Anschließend setzte ich mit einem 0,3 mm Bohrer die Nietenlöcher, die im Original die Befestigung der Spiderabdeckung kennzeichnen. Nachdem diese letzte Karosseriearbeit erledigt war, sollte ein erster Auftrag der Dupli-Kfz-Grundierung aus der Dose zeigen, an welchen Stellen noch Nacharbeit erforderlich sein wird:

 

 

Nicht übel, aber noch nicht ausreichend. Einiges gab es nachzuarbeiten:

 


Der nächste Sprühgang, diesmal mit Filler, stellte mich schon so zufrieden, dass ich nach ausreichender Aushärtezeit von 24 Stunden bereits mit dem Decklack (RAL 3000 feuerrot von MOTIP) arbeiten konnte:


 

Schon recht vielversprechend! Nächster Schritt: Abkleben und eine Lackierung mit Reinweiß von Kühlergrill und Heckspiegel:

 nder-Chassis so dar:

 Schon recht vielversprechend! Nächster Schritt: Abkleben und eine Lackierung mit Reinweiß von Kühlergrill und Heckspiegel:

 

 

Nun kam das Penelope Pitlane-Chassis zum Einsatz! Ich hatte es in der Vergangenheit schon mehrfach verbaut und war recht angetan von seiner flachen Bauweise, dem niedrigen Schwerpunkt und dadurch seiner guten Lage auf der Bahn:

 

Es ist aus  1mm starkem Neusilber gefertigt, die Bauteile sitzen an einem Rahmen wie fotogeätzte Elemente. Es liegen verschiedene Teile für die Aufnahme der Vorderachse bei. Radstände von 60 – 83 mm sind so realisierbar. Nach dem Heraustrennen und Versäubern werden die Teile an ihrer Biegekannte in Position gebogen, dabei helfen kleine Passzapfen. Ich habe mir angewöhnt, die Teile an den Kanten zu verlöten, anschließend zu verschleifen:

 



Der Mabuchi-Standart-Motor, den ich ausgewählt habe, wurde innerhalb des Chassis ebenfalls mit einigen Lötpunkten fixiert, um einen besseren Kraftschluss des Ritzels zu gewährleisten. Fertig aufgebaut stellt sich das PP-Sidewinder-Chassis so dar:

 


Der Zwischenstand zeigt sich auf meiner Richtplatte, hier schon mit den Zierstreifen aus Decalfilm, den Startnummernkreisen und den Rädern des Spendermodells – und hier kam die nächste „Problemzone“: Der kleine Spider hatte einen ganz besonderen Typ von Stahlfelge aufgezogen, als er bei der Targa Florio startete. Diesen Typ gibt es weder als Insert noch in irgendeiner anderen Variante auf einem bekannten Slotcar. Die aufgereihten Stahlfelgen von REVELL, die auf einem Porsche 550 Spider montiert waren, waren knapp 1 mm im Durchmesser zu groß – zudem stimmte das Felgendesign nicht. Mein Nachfragen bei den befreundeten Fachleuten lief zunächst ins Leere. Im Scratchbuilder-Forum bot sich Dr. Thomas Dietrich („tomato_007“) freundlicherweise an, per CAD und 3D-Drucker diesen Felgentyp zu drucken. Das Ergebnis war schon nicht schlecht, hätte jedoch den Einsatz von Alutöpfchen erforderlich gemacht, denn die von Thomas „gedruckten“ Felgen waren als Inserts ausgelegt! Für Alutöpfchen gab es aber unter meinem schmalen Spider – zumal mit einem Chassis  in Sidewinder-Auslegung -  definitiv keinen Platz!

Der Tipp von Alexander Ehl, der mir die Felge vom Fiat 500 Abarth von SCX empfahl,  war nicht 100%ig, aber schon nah am Original  dran – zumindest vom Design! Problem hier: Auf dem kleinen Fiat schien eine 13“-Felge montiert gewesen zu sein, sie erwies sich um mehr als 2 mm zu klein im Durchmesser für den Fulvia Spider!

Dieses Felgenproblem bereitete mir echtes Kopfzerbrechen, so dass ich mich zunächst mit weiteren Detailarbeiten am Spider beschäftigen wollte, um nicht gänzlich den Frust zu bekommen! So war mir beim Original ein wichtiger Aspekt aufgefallen: Durch die Kürzung des Hecks schaut auf beiden Seiten ein Stück des Rahmens mit der daran befestigten Federung heraus! Ein Detail zwar, aber nicht unerheblich – zumindest in meinen Augen! Passendes Material für den angedeuteten Rahmen fand ich ebenso in der Grabbelkiste wie fotogeätzte Teilchen, die ich als Federung verwendete:

 

In den unteren Rand der Karosserie die fräste ich zwei schmale Öffnungen, die (analog meiner Vorbildfotos) nach dem Versäubern einen Rand aus schwarzem Decalfilm erhielten. Hier klebte ich die beiden Rahmen-/Federungsattrappen ein und lackierte sie schwarz:

 

 

 

Auch sieht man in diesen Aufnahmen die beiden halbkreisförmigen Aussparungen an der Innenkante des Hecks, die durch das Anbringen der Schraubzapfen notwendig wurden. Die hintere Befestigungslippe des Chassis ragt doch recht weit in das Heck des Spiders hinein. Ferner ist hier schon zu sehen, dass bereits die selbstgedruckten Decals aufgebracht sind. Für zusätzliche Detaillierung sorgen zwei fotogeätzte Haubenschnellverschlüsse, die - wie beim Original - auf der Vorderkante der Motorhaube befestigt sind:

 

Die „Türgriffe“ sind lediglich noch kleine Verschlussknöpfe, die ich mittels Stecknadelköpfe darstellte. Soweit vorbereitet war nun das Stadium des Klarlackierens mittel MiPa 2K-Lack gekommen. Nach mehreren Tagen des Durchtrocknens erfolgte schließlich das Abkleben von Seitenschwellern und Frontschürze, um sie mit REVELL 302 seidenmattschwarz zu lackieren:

 

Während der Trocknungsphase der weißen Lackierung beschäftigte ich mich mit dem Versäubern der 3D-gedruckten Felgeneinsätze von Thomas, dem hilfsbereiten Kollegen aus dem Scratchbuilder-Forum. Er hatte den Langmut, mich mit meinen Ansprüchen an die Felgen des Spiders im korrekten Design zu unterstützen. Ohne seine Hilfe wäre es nicht zu diesem Ergebnis gekommen! Danke, Thomas!

 

 

Die Inserts druckte er auf eine Art Trägerplatte, von der sie jedoch sehr gut zu lösen waren. Im Vorfeld mussten die Felgeneinsätze jedoch mit einem 0,3er Bohrer ein wenig versäubert, teils verschlossene Öffnungen im Felgenrand geöffnet werden. Als Felgenbasis fand ich in meinem Sortiment gut passende Stahlfelgen von MRRC, die ich von ihren Einsätzen befreite. Die 3D-Drucke schliff ich nun noch ein wenig flacher, bis sie saugend in die MRRC-Stahlfelgen passten. Golden lackiert, Ortmanns 40f-Reifen aufgezogen – fertig!

Zur Ausführung der inneren Scheinwerferöffnungen in der Front gibt es unterschiedliches Vorbildmaterial. Mal sind sie mit weiß lackierten Platten verschlossen, mal mit Gittermaterial versehen. Ich wählte letztere Version, die höchstwahrscheinlich so auch im Rennen gefahren wurde – für mich die attraktivere Version.

 

Da auch feines Metallgitter im kleinen Maßstab meist übertrieben grob aussieht, entschloss ich mich zur Verwendung von Decalmaterial, welches von Virages erhältlich ist. Auf dem Bogen gibt es unterschiedliche Gitterstrukturen, so dass auch der Kühler damit vorbildgerecht gestaltet werden konnte. Die Schiebebilder wurden passend ausgeschnitten und schlichtweg von innen gegen die Karosse geklebt, nicht angelöst! Schließlich setzte ich noch die Scheinwerfer vom Spendermodell ein, lackierte ich den Überrollbügel, den Spiegel (aus der Grabbelkiste) und das PP-Chassis seidenmatt-schwarz (denn messingfarben konnte es keinesfalls bleiben!). Den Abschluss bildete die zugeschnittene kleine Scheibe, die einen kleinen schwarzen Rand aufgemalt bekam. Die Nieten brachte ich mit einem Zahnstocher auf. Erneut konnte eine kleine, seltene Pretiose aus der großen Ära der Targa Florio fertig gestellt werden!





 

Zusätzliche Info für alle, die nicht die Car-On-Line (COL) lesen sollten: Dieser Baubericht ist in der aktuellen COL Nr. 143 (Ausgabe 5, Sept./Okt. 2015), S. 50 - 54, erschienen... Ihr habt also nichts verpasst, mein Bericht hier auf der Seite ist (natürlich!) sogar ein wenig ausführlicher!


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