FIAT Abarth 2000 SE 010 Targa Florio 1970


Der nun folgende Baubericht über diesen Slotracer wurde bereits in der Car-On-Line (COL), Ausgabe 4/2014, Heft Nr. 136, Seite 50 - 53 veröffentlicht.

Beschreibt mein Freund und Slotkollege Frank Haseloff in seinem Bericht im Heft 3 der COL 2014 den extrem mühseligen Weg, aus einem Karosseriekit von DiTech einen Abarth 2000 (Version SE 010) auf die Bahn zu bringen und sich zusätzlich mit einem Chassis-Eigenbau zu quälen, ging ich den (scheinbar) einfacheren Weg! In den letzten Tagen brachte Chris Deco aus Le Val in Frankreich unter seinem Label PSK (PROTO Slot Kits) mit der Kennung CB084 das gleiche Modell, die 1970er Version des Abarth 2000 SE, als Resinebausatz heraus.

Die Geschichte des attraktiven 2-Liter-4-Zylinder-Sportwagens beschrieb schon Frank Haseloff, so dass ich diese hier nicht wiederholen muss. Das von PROTO vorliegende Modell gibt die Flunder  mit lediglich einer Decal-Version wieder,  jene der Targa Florio von 1970. Hier wurde der Wagen mit den Fahrern „Pam“ (Sergio Morando) und „GiBi“ (?) im Gesamtklassement achte mit einer Runde Rückstand auf den berühmten Porsche 908 mit der #12 von Jo Siffert und Brian Redman, die als Sieger durchs Ziel gingen.

Was findet der geneigte Slot-Enthusiast vor, wenn er diesen Resine-Kit aus Frankreich ordert:


 

 

 

 

 

 

 

 

Der Pappschachtel, die mit einem Comic-Bild des Boliden geschmückt ist, entnehme ich neben der vorlackierten Karosserie Kleinteile wie Felgeneinsätze, Bodenplatte, Cockpiteinfassung, zwei Schalensitze, Armaturenverstrebung mit Instrumenten, eine vollplastische, sehr schön detaillierte Fahrerfigur mit Jethelm und einem „Wechselkopf“ mit Integralhelm, Lenkrad, Motor-/Getriebeattrappe (alles aus Resine), Scheinwerferlinsen und tiefgezogenen Glasteile für Cockpitscheibe nebst Scheinwerferverglasung. Ein Stückchen Metalldraht liegt zur Realisierung des Überrollbügels ebenfalls bei. Um eines jedoch ganz klar anzusprechen: Die Lackierung der Resine-Karosse ist absolut spitze! Hatte ich in der Vergangenheit doch schon deutlich schlechter lackierte Karossen aus dem Hause PROTO vorliegen (überlackierte Grate, jede Menge Staubeinschlüsse), die zudem bei der Chassisanpassung einiges an Nacharbeiten erforderten, so dass die Vorlackierung absolut überflüssig war und ich selbst nochmals zu Spritzpistole oder Dose greifen musste. Diesmal darf die Airbrush in ihrer Schachtel und die Sprühdose im Schrank bleiben.


Das ganze Paket wird durch die Nassschiebebilder, einen fotogeätzten Tangentialscheibenwischer und ein Comic-„Zertifikat“ mit der laufenden Nummer des Herstellers komplettiert.

Nun muss die ganze Fuhre ja irgendwie auf die Bahn… Für Frank Haseloff hieß das die „Ochsentour“ zu gehen. Da ich seine Arbeiten gut kenne und weiß, wieviel Mühe er sich bei der Eigenkonstruktion eines Chassis macht, kann ich nur sagen: Chapeau! Speziell im Fall des Abarth, dessen Motor hinter der Hinterachse zu platzieren war. Und das alles bei knappen Platzverhältnissen!

Für jene unter uns, die sich ein Modell dieses Klassikers zulegen möchten und nicht  die Konstrukteurs- und Modellbaufähigkeiten von Frank haben, hält PROTO zu seiner Resine-Karosse des Abarth 2000 gleich das passenden Chassis bereit: Das KR02C – wobei das „C“ für „court“ steht, also eine verkürzte Version des KR02-Chassis, dem ca. 10 mm Grundplatte hinter dem Motor fehlen.




Hierbei handelt es sich um eine 0,8 mm starke Grundplatte aus gebürstetem Aluminium. Darauf setzt Chris Deco einen Motorhalter in Sidewinder-Auslegung und einen Vorderachsträger aus Polyamid aus dem 3D-Drucker, die beide mittels Langlöchern zur genauen Anpassung des Chassis an die Karosse (bzw. der Räder an die Radhäuser) längs verschoben werden können. Aus meiner Sicht eine einfache, aber sehr gute Idee!



Der Motor sitzt zu einem knappen Viertel unterhalb des Chassis – Gewicht nach unten! Prima! Die Achsdistanzen zur genauen Ermittlung der Spurbreite sind innerhalb der Motorhalterung mit eingespritzt und werden mit einem scharfen Cutter heraus gelöst und entgratet. Der Vorderachsträger nimmt vier Madenschrauben auf, um die Achse in ihrer Höhe genau justieren zu können. Im Zuge meiner Bestellung bei Chris Deco habe ich mir der Einfachheit halber gleich einen Satz Alutöpfchen plus der passenden Gummis mitkommen lassen. Das „court“-Chassis lässt einen Radstand von 66mm bis 84mm zu, die Spurbreite liegt hier beim Abarth bei 57 mm hinten. Das Chassis an sich ist 46 mm breit. Sicher ist dieses Chassis eher zur Realisierung von Eigenbauten im Stil der Sportprototypen geeignet, weniger für schmaler ausgelegt Wagen.

Die Karosserie ergab bei der Vermessung eine Breite von 60 mm und eine Länge von 128 mm. Damit steht fest, dass der von Frank Haseloff als recht maßstäblich beschriebene, mit den Originalmaßen verglichene  DiTech-Abarth mit 120 mm Länge und 56 mm Breite deutlich besser am Original dran ist als die PROTO-Version! Wieder einmal baut Chris Deco zwar wunderschön, aber zu wuchtig! Jedoch längst nicht alle PROTO-Modelle mutieren zu Wuchtbrummen, sind doch die letztlich erschienenen Mirage M2/M3-Varianten sehr wohl maßstäblich!

Doch nun zum Bau des Fiat Abarth 2000, den man wohl kaum als „Bau“ benennen kann, bleibt doch für den Slot-Enthusiasten (zunächst) nicht gerade viel Arbeit übrig: Bauteile entgraten und entfetten, lackieren und zusammen fügen. Sehr weitsichtig erweist sich die Beigabe von zwei verschiedenen Fahrerköpfen im Bausatz: So lassen sich die unterschiedlichen Helmvarianten der Fahrer realisieren! Allerdings konnte ich für das 1970er Targa Florio-Rennen lediglich zwei Integralhelme recherchieren, einmal in weiß und in rot. Den Fahrer mit dem Jethelm, den Chris Deco bei dem Modell auf seiner Seite verwendet hat, scheint mir eher in das 1969er Rennen zu gehören: Dort fuhren Ferlaino/ Todaro, aber auch Bitter/Kelleners mit einem Jethelm!

Wie bereits angesprochen lässt der Kit jedoch nur eine einzige Decal-Variante zu. Das Schwesterauto der #94 während der Targa Florio 1970, die #98 mit Guiseppe Virgilio und Luigi („Gigi“) Taramazzo  am Volant, die Gesamt-Zehnte wurden, unterscheidet sich vom vorliegenden Modell durch die grün abgesetzte Frontlippe, seitliche Flaps vorne und einen abgeänderten Heckspoiler, der bei der #98 nicht über die gesamte Fahrzeugbreite geht. Hier wäre – jedoch mit wenig Aufwand – eine Variante zu realisieren, zumal man nur wenige Decals selbst erstellen müsste.

Zum „Rohbau“, einem ersten Zusammenfügen von Chassis und Karosse (ohne Cockpit), bohre ich sogleich die Schraubzapfen mit einem 3mm-Bohrer auf und passe mit Sekundenkleber die Isolierung von 3x1,5 NYM-Kabel ein. Diese Methode entwickelte Frank Haseloff einmal vor einigen Jahren, um zu verhindern, dass die Schraubzapfen reißen.




Die Karosserieschrauben sitzen ebenso fest in der Kunststoffisolierung, sprengen aber nicht das spröde Resine, wenn man sie direkt in die Karosserie eindrehen würde! Weiterer Vorteil: Sollte einmal die eingeklebte Isolierung ausgeleiert sein (was ich seit Jahren noch nie erlebt habe), bohrt man sie schlichtweg wieder aus und klebt eine neue ein! Am Leitkiel ist ein wenig Nacharbeit gefordert, hier schleift das Bauteil an den Langlöchern des vorderen Achsträgers!



Es gilt somit, den Leitkiel an beiden Seiten ein wenig zu beschleifen, damit er freigängig wird. Bei den Rädern habe ich den Felgenboden als Kontrast schwarz lackiert, um später die Felgeneinsätze besser zur Geltung kommen zu lassen.


Als nächstes lackiere ich die weiße Frontlippe. Für solche Abklebearbeiten wie hier benutze ich grundsätzlich Tamiya-Tape, weil es an lackierten Oberflächen nicht zu stark haftet und die Farbe am Modell belässt, wenn man das Tape wieder abzieht! Da es im Frontbereich ein wenig eng zugeht, schneide ich mir mit einem neuen, superscharfen Skalpell schmale Streifen des Klebebandes auf einer Glasplatte zurecht, entnehme sie mit einer spitzen Pinzette und platziere sie am Modell.



Sieht ein wenig wie bei Christo, dem Verpackungskünstler aus! Aber hier gilt es, die gesamte Karosse vor etwaigem Sprühnebel zu schützen. Um das teure Klebeband zu sparen, benutze ich ein paar Stücke Papier, die ich zurecht geschnitten habe. Diese klebe ich mit billigem Abklebeband am Tamiya-Tape fest, nie jedoch das billige Band auf die lackierte Karosse selbst!

Noch vor dem kompletten Aushärten des weißen REVELL- Lacks wird das Klebeband wieder entfernt, um ein späteres Reißen der Kanten zu vermeiden.  Die Kleinteile (Fahrer, Getriebe, Sitze/Cockpit, Wischer),  sind zwischenzeitlich lackiert und die Decals auf die Karosse aufgebracht.

Ein besonderes Augenmerkt richtete ich auf die Armaturen, ist das Innenleben des Abarth 2000 doch außergewöhnlich gut einsehbar.



Die Rundinstrumente, deren Skalen dem Kit als Decal beiliegen, habe ich mit einem kleinen Tropfen 2K-Kleber als Glasimitation „versiegelt“. Unterschied zu einem gewöhnlichen Tröpfchen Klarlack: Letzterer trocknet „platt“ auf, während der transparente 2K-Kleber mit einer vorbildgerechten, leicht gewölbten Oberfläche aushärtet, die sogar noch eine etwas vergrößernde Wirkung hat!


Somit hätten wir alle Bauteile beisammen, nun sollte es an den Einbau von Cockpit und Cockpitplatte gehen. Und dann kam das „dicke Ende“: Es zeigt sich, dass Chris Deco die Platzverhältnisse extrem eng kalkuliert hat und keinerlei Raum zur Verlegung der Kabel zur Verfügung steht! Somit blieb mir nichts anderes übrig, als die bereits an das Cockpit angeklebte Grundplatte wieder abzutrennen. Sie muss an den Seiten beschnitten werden (s. rote Linien), um Platz für die Kabel zu schaffen. Ich ging sogar dazu über, die dicken Silikonkabel gegen normale, dünnere Litze zu ersetzten – hier geht es nahezu um jeden Zehntelmillimeter! Somit stellt sich die Veränderung nun so dar:




Die Kabel habe ich in die Nuten des Vorderachsträgers gelegt und mit Klebeband fixiert, damit sie nicht verrutschen können. Nachdem nun sicher gestellt ist, dass die Kabel sauber unter bzw. neben dem Cockpit verlegt werden können, lässt sich auch das Chassis ohne Probleme unter die Karosse verschrauben. Um ein wenig mehr Platz zu gewinnen, gäbe es auch noch folgende Alternativen: Der Cockpitboden könnte a.) dünner geschliffen werden oder b.) durch ein Stück Fotokarton ersetzt werden, dem man die angedeuteten Rahmen- bzw. Verstrebungsstücke aus Evergreen- oder Plastrukt-Profilen aufklebt. Zusätzlich könnte man 1 bis 1,5 mm des Cockpitbauteils abschleifen, um die Sockelplatte höher kommen zu lassen. Nachbearbeitet sieht es dann bei mir so aus:


Ich persönlich finde solche Aktionen immer sehr ärgerlich, zumal es keinerlei Anleitung oder Hinweis zum Bau des Boliden gibt. Auch auf der Homepage von PROTO sind lediglich ganz allgemeingültige Montagetipps zu finden. Es ist schon frustrierend, für ein vorlackiertes Modell teuer Geld ausgeben zu müssen und letztendlich dann doch an vielen Ecken „schnitzen“ zu müssen, bis alles passt!

Auch störte mich der offene Kühlluftaustritt an der Front, weil man dem Abarth dadurch „bis in die Eingeweide hinein“ sehen konnte. Von unten klebte ich mit 2K-Kleber ein Gitterdecal von Virages auf, inkl. dem Trägerpapier – also nicht als Abziehbild eingeweicht:

 

Ich bestreiche es auch der Unterseite ebenfalls mit 2K-Kleber und lackiere es nach dem Trocknen des Klebers in Wagenfarbe über, wie bereits auf dem oberen Bild zu erkennen ist.

Beim Einpassen der Fahrerfigur wird mir deutlich, dass das Lenkrad zwar am Armaturenbrett befestigt wird, aber in diesem (sehr gut einsehbaren) Cockpit keine Lenkstange/-säule zu finden ist! Ein weiterer störender Punkt, der nun am bereits fast fertig gestellten Modell nachträglich eingearbeitet werden muss. Manch einen mag es nicht stören – ich fand’s übel! So trenne ich die angedeutete Lenksäule (die eh zu lang ist) am Sockel des Lenkrades ab, bohrte das Lenkrad an und verklebte ein 1,5 mm starkes Evergreen Rundstäbchen darin:






Auch die Halterung für das Lenkrad im Cockpit wurde angebohrt, so dass die lange Lenksäule nun bis nach vorne durchgeführt werden kann und zwischen den Füßen des Fahrers  platziert wird:




Diese Arbeiten erledigt man natürlich schon im Rohbau und nicht erst – wie ich – beim nahezu komplett fertig gestellten Modell!

Nachdem nun diese Hürden der „Hochzeit“ mit viel Nacharbeit überwunden wurden, setze ich als nächstes die Scheinwerferlinsen ein. Diese erweisen sich jedoch mit 5mm im Durchmesser als etwas zu groß, so dass die Scheinwerferabdeckung daran anstoßen und nicht am Rand schließen würde. Ich habe versucht, kleinere Linsen zu verwenden und grub aus meinem Fundus 4mm-Linsen aus. Auch wenn im Original die Scheinwerfer optisch das beherrschende Moment der Abarth-Front sind und durch ihre Größe die Blicke auf sich ziehen, halte ich meine leicht kleineren Scheinwerfer für durchaus vertretbar. Die Alternative wäre ein weiteres Bearbeiten der (lackierten) Karosse gewesen, das wollte ich vermeiden.

Die Scheinwerferabdeckungen habe ich lediglich am oberen Rand verklebt, da es schlichtweg keine andere Klebefläche gibt und man Gefahr läuft, mit unschönen Klebernähten die Verglasung zu ruinieren.

In diesem Zuge wird deutlich, dass Chris Deco die kleinen Seitenblinker unterhalb der Frontscheinwerfer vergessen hat! Glücklicherweise konnte ich meiner Grabbelkiste noch zwei passende Lämpchen in orange entdecken. Ein kleiner Tupfer Farbe würde es aber vielleicht auch tun. Der Scheibenwischer bildet den Abschluss der Montage, bei ihm habe ich lediglich das „Wischergummi“ seifenmattschwarz bemalt. Der Wischer selbst war im Original alufarben.

Nach deutlich mehr Mühen mit dem Kit (ging ich doch von einem „Schüttelbausatz“ aus!) stellt sich der Abarth 2000 SE der Targa Florio von 1970 wie folgt dar:












Leider habe ich in meiner Sammlung keinen passenden „Gegenspieler“ mehr zum Abarth, den ich hätte ablichten können. So musste ein 1967er Chaparral herhalten.

 

Fazit: Der Proto-Bausatz ist in Resinekit, der deutlich mehr Arbeit macht als zunächst angenommen. Bereits im Rohbau sind wichtige Änderungen angesagt, damit der Zusammenbau überhaupt klappt! Zum Fahrverhalten muss gesagt werden, dass der PROTO-Abarth auf der Vorderachse zu leicht ist und auf meiner Holzbahn leicht aus dem Slot rutscht. Hier ein wenig Gewicht einzubringen wird angesichts der extrem engen Platzverhältnisse die nächste Herausforderung sein, der ich mich stellen muss.

Das Eigenbau-Chassis von Frank Haseloff mit der deutlich leichteren Karosserie von DiTech fährt sich ungleich besser als der PROTO-Brummer, zieht aber auch deutlich mehr an Arbeit nach sich, die man investieren muss! Aber hieran wird klar, dass ein Spezialist im Chassiseigenbau wie Frank immer die Nase vorne haben wird, vergleicht man seine Slotcars mit Serienautos oder Bausätzen wie jenen von PROTO. Aber irgendwie ist das ja auch wie ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen…



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