Suchte
der US Navy-Enthusiast in der Vergangenheit vergeblich nach
vorbildgerechten
Modellen zum Beispiel einer F-4 Phantom
im Maßstab 1:144, so stieß er lediglich auf diverses
Formenmaterial
unterschiedlicher Hersteller aus verschiedenen Jahrgängen, jedoch
immer nur in
der E-, -F oder –EJ-Version, teils von sehr mäßiger
Qualität.
Seit
kurzem dürfen wir uns jedoch an den F-4Js und F-4Ns vom Tomytec
erfreuen, die
an Präzision vom Spritzguss her kaum noch zu toppen sind. Aber:
Die Kits sind
bereits vorlackiert! Der Leser mag sich nun fragen, ob ein Bericht
über
vorlackierte Bausätze Sinn macht und in die ModellFan gehört.
Ist das überhaupt
noch Modellbau im klassischen Sinn oder zählen diese Kits eher zum
Bereich der
halbfertigen Sammler-Modelle? Ist das vielleicht ein Grund, dass man
von diesen
Bausätzen bislang kaum etwas gehört bzw. gesehen hat? Oder
deshalb, weil sie in
Deutschland so gut wie gar nicht zu bekommen sind?
(Vorbildfoto: MDD F-4N, Bu.No. 150415, AE/204, USS
Franklin D. Roosevelt CVA-42,
National Naval Aviation Museum. Quelle: Wikipedia)
Am
Beispiel
einer Ikone der militärischen Luftfahrt, der McDonnell-Douglas
F-4N Phantom II,
hier in der Version eines der bekanntesten Geschwader, der VF-84 „Jolly
Rogers“
der US Navy,
soll der Bau eines solchen Bonsai-Jets demonstriert werden. Wir wollen
sehen,
ob der erste Eindruck hält, was die prall mit 136 Bauteilen
gefüllte Box
verspricht.
Zunächst
fällt auf, dass diverse Bauteile mehrfach vorhanden sind, wie z.B.
Schubdüsen,
Fahrwerk, Fahrwerksklappen und einiges mehr. Einige der Teile sind
lackiert,
andere wiederum nicht. Dies lässt den Schluss zu, dass die
unlackierten Teile
für andere Versionen der Phantom verwendet werden. Somit wandern
die
überzähligen Teile später in die Grabbelkiste.
Die
Bauanleitung ist sehr übersichtlich und klar gestaltet, sie
lässt keinerlei
Zweifel über die Platzierung der Bauteile aufkommen. Zur besseren
Kenntlichkeit
besitzen die Spritzrahmen Buchstabenkennungen, welche das Auffinden der
zu
verwendenden Teile erleichtern. Alle Spritzlinge sind vorbildlich
einzeln in
Klarsichttüten verpackt. Sogar zwei Versionen der Kanzel sind
vorgesehen,
einmal ein Einzelteil für den geschlossenen Zustand, aber auch
vier
Einzelteile, die geöffnete Kabinenhauben ermöglichen. Auf dem
Cockpitrahmen
sind sogar die Namen des Piloten und des RIO (radar intercept officer)
lesbar
gedruckt!
Trotz
der kompletten Tamponagebedruckung des Modells sind diesem Bausatz noch
zusätzliche Decals beigefügt.
Dies
lässt eine Wahl zwischen der Maschine
des CAG (Commander Air Group, dem verantwortliche
Offizier und
Kommandeur des Trägergeschwaders an Bord von Flugzeugträgern)
mit der
Seriennummer 150438, und der taktischen Kennung AE/200, an Bord der USS
Roosevelt 1974, oder seinem Flügelmann mit der taktischen Kennung
AE/201,
Seriennummer 152253, zu. Meiner Ansicht nach ist der Trägerfilm
dieser
Wasserschiebebilder allerdings zu dick und deutlich zu groß
bemessen. Doch dazu
später mehr.
Zunächst
werden die für den Rumpf benötigten Teile herausgesucht und
trocken angepasst.
Sie weisen eine hervorragende Passgenauigkeit auf. Hier wird deutlich,
dass
zwei rechte Rumpfvorderhälften beiliegen. Das Bauteil Nr. 2 hat
gegenüber dem
Teil Nr. 1 eine Aussparung unterhalb des Cockpits. Hier lässt sich
später die Tanksonde
in geöffnetem Zustand anfügen. Bauteil 1 zeigt die
geschlossene Abdeckung .
Doch
auch ein bereits vorlackiertes Modell lässt sich immer noch
verfeinern,
zunächst einmal durch ein Andeuten von Instrumenten im Cockpit
mittels weißer
Farbe, die mit einem Zahnstocher aufgebracht wird.
Die
sehr fein mit „ejection
handles“ (Griffe zum Auslösen des Schleudersitzes) versehenen
Martin Baker MK
H7-Sitze bekommen ebenfalls ein wenig zusätzliches Detail. Aus
dünn
geschnittenen Tamiya-Tape-Streifen werden Sitzgurte gefertigt, die ich
auf
einer Glasplatte zuschneide.
Nach
dem Aufbringen auf den Sitz erhalten die
Streifen ein Tüpfelchen Alufarbe, um ihre Gurtschlösser
darzustellen.
Ein
wenig mehr Detail ist auch am Fahrwerk anzubringen: Die
Hydraulikzylinder
werden mit Alufarbe angedeutet.
Dabei
wird das deutlich, dass der Hersteller
auch an eine startende F-4 gedacht hat, die ein voll ausgefahrenes
Bugfahrwerk
aufweist – Bauteil NN2 gibt diesem Zustand vorbildlich
realitätsnah wieder.
Das
Abtrennen der Bauteile vom Ast nehme ich mit einem scharfen Skalpell
vor (11), die
Verklebung der Bauteile ebenfalls mit einem (anderen) Skalpell und
einer
Stecknadel. Dabei gebe ich einen Tropfen Sekundenkleber (Cyanacrylat)
in einen
Kronkorken. Hieraus fällt die fein dosierte Entnahme des
problematischen
Klebstoffs per Skalpell und Nadel wesentlich einfacher (12,13).
Die
Schubdüsen haben nach dem Abtrennen vom Gussast ein wenig Farbe
eingebüßt und
werden nachlackiert. Dabei mische ich mir den passenden Farbton aus
Vallejo
schwarz und Alu in meinem „Mischwannen- Kronkorken“ so zusammen, dass
der
Metallic-Farbton stimmt.
Anschließend
liegen die Hauptbaugruppen schon zur Montage bereit.
Diese
gelingt dank der sehr guten
Passgenauigkeit problemlos. Einen echten Puristen würde nun die
Naht am
Übergang der Triebwerkseinläufe zum mittleren Rumpf
stören. Ich halte es aber für
durchaus vertretbar. Lediglich eine kleine farbliche Retusche nehme ich
hier am
Zierstreifen über den Rumpfrücken mit Vallejo schwarz vor
(siehe Pfeil).
Nach
dem Zusammenfügen der Hauptbaugruppen klebe ich das filigrane
Fahrwerk samt
Klappen ein, anschließend werden die abgetrennten Räder
nachbemalt und
eingebaut. Die bei Navy-Maschinen typischen roten Kanten an den
Fahrwerksklappen werden mit einem superfeinen 10/0er-Pinsel und Revell
matt rot
gezogen.
Eine
Probeanpassung der Tanks zeigt unangenehme Spalten, die ich so nicht
belassen
möchte. Um die feinen Details an den Tanks nicht durch rohes
Abschleifen der
Farbe zu zerstören, lege ich sie über Nacht in ein
Bremsflüssigkeitsbad. Am
anderen Tag lässt sich die Farbe leicht mit einer alten
Zahnbürste abschrubben,
die Tanks sind glatt und ebenmäßig. Die unschönen
Nähte werden verspachtelt und
verschliffen, die Panels neu mit einem fotogeätzten Sägeblatt
graviert, anschließend
mit Vallejo weiß per Airbrush lackiert.
Da
ab
Werk die Gravuren der F-4 bereits mit einem leichten Washing versehen
sind,
muss nach der Spachtel- und Schleifprozedur der Tanks ein wenig
nachgearbeitet
werden, um den Gesamteindruck der Phantom beizubehalten. Eine Schicht
Tamiya-Klarlack sichert die Basisfarbe der Tanks vor einem Pin-Washing.
Ölfarbe
von Schminke ergibt mit Waschbenzin verdünnt eine graue
Brühe. Schwarz wäre als
Washing auf weißer Grundfarbe ein zu harter Kontrast, daher eine
graue Tönung (22).
Mit
einem feinen Pinsel läuft das Washing problemlos in die feinen
Gravuren (23).
Schon nach sehr kurzer Wartezeit wird überschüssige Farbe mit
einem
Papiertaschentuch einfach weggewischt, sie bleibt lediglich in den
Vertiefungen
haften. Das anschließende erneute Sichern mit Klarlack von Tamiya
soll
verhindern, dass der abschließende Mattlack von Revell die
ölfarbenbasierende
Washing-Mixtur aus den Gravuren wieder herauslöst.
Schließlich
erhält der Zentraltank seine geschwadertypische gelbe Spitze
wieder, wie sie
bereits im Bausatz vorgesehen war.
Die
Trägerschienen für die AIM-9D Sidewinder-Raketen passen nicht
ohne weiteres in
die inneren Pylone der F-4. Hier müssen die Aussparungen ein wenig
erweitert
werden.
Unbedingt
ist darauf zu achten, dass bei den Navy-Maschinen an den inneren
Stationen ausschließlich die spitz zulaufenden Pylone verwendet
wurden
(Bauteile NN-3 und 4)! Die Pylone aus dem Kit mit der Nummer E-1 und
E-2 mit
dem abgerundeten Rücken wurden nur bei den USAF-Phantoms
verwendet! Hier
passiert leicht eine Verwechselung, zumal die Air Force-Pylone bereits
ebenfalls weiß lackiert sind!
Mit
ein wenig Mr. Mark Softener Weichmacher von Gunze fügen sich diese
problemlos
an. Die sehr kleinen taktischen Nummern am Leitwerk und auf der
vorderen
Fahrwerksklappe sollten jedoch beschnitten werden, da der
Trägerfilm
unangemessen groß ist und über den Bereich des Bauteils
deutlich hinausragt.
Eine erneute Schicht Klarlack soll ein Silbern der Decals verhindern.
Auch die
winzigen Antennen werden nun platziert (26), ebenso die Einstiegsleiter, die in
geöffnetem
und geschlossenem Zustand dargestellt werden kann(27).
Zu
guter Letzt bekommt die
gesamte Maschine einen matten Abschlusslack von Revell. Ich bin sicher,
dass sich an
dieser Stelle bei manchem ein wenig Widerspruch rührt, aber die
Frage, ob US
Navy-Maschinen ein glänzendes, seidenmattes oder mattes Finish
erhalten sollen,
grenzt fast schon ans Philosophische. Ich habe mich seit Jahren
für die matte
Variante entschieden, nachdem mir seidenmatte Decklacke in diesem
kleinen
Maßstab einfach nicht zusagten.
Als
abschließende Arbeiten bleibt noch das Anbringen der
Kanzelverglasungen übrig.
Diese verklebe ich mit UHU 2K Sofortfest. Bei spärlicher Nutzung
des Klebers
auf den Bauteilen setze ich diese erst an, wenn der Kleber im Begriff
ist
abzubinden.
So
wird ein Herausquellen überschüssigen Klebers nahezu
ausgeschlossen. Kleine farbliche Retuschen sind noch an den Rahmen der
Cockpithauben erforderlich, die mit Vallejo schwarz und aufgehelltem
grau
erledigt werden. Um ein einheitliches Finish zu bekommen und letzte
glänzende
Kleberspuren zu beseitigen, lackiere ich noch die Cockpitrahmen mit
Revell
Mattlack über. Somit wäre der Bau der vorlackierten F-4N von
Tomytec
abgeschlossen.
Der
aufmerksame Leser wird sich fragen, warum ich keine Außenlasten
montiert habe,
liegen doch dem Bausatz sehr fein detaillierte AIM-7E Sparrow- und
AIM-9D
Sidewinder-Raketen bei. Der Grund: Ich wollte mit dieser Maschine eine
Belade-Szene darstellen, in der die F-4 an Bord ihres Trägers ihre
Lenkwaffen
erhält. Der Flügelmann ist bereits aufmunitioniert, am Vogel
des Staffelchefs
sind die Warte noch zugange. Hierzu habe ich die wunderschön
detaillierten,
jedoch sündhaft teuren Figuren aus dem 3D-Drucker von Dameya
(Japan) verwendet. Hier meine kleine Szene, die mit extrem wenig Platz
auskommt und dennoch absolut stimmig und aussagekräftig ist -
natürlich miz deutlich mehr Fotos, als zur Veröffentlichung
in der ModellFan möglich waren:
Ich höre
natürlich auch quasi schon eure Fragen: "Woher kommtt das
Zubehör, woher die Figuren??? Hier sind doch andere und mehr
Figuren abgebildet als in der ModellFan!" Korrekt! Mit
einiger Verspätung zum Artikel erreichten mich die bestellten
Figuren und
Schlepper aus dem 3D-Drucker von Dameya, Japan. Dort sind derzeit
fünf
verschiedene Sets erhältlich:
1.)
Kit
FDD-002: Der aktuelle Decksschlepper der US Navy vom Typ A/S-32A-31A,
der in
einer kurzen Version und einer Variante mit angehängtem
Lüfteraggregat dem Kit
beiliegt. Mit im Kit: Der A/S-32A-32A Hangardeckschlepper, den es in
1:144
aktuell ausschließlich von diesem Hersteller gibt. Diese modernen
Schlepper
fanden bei meinem Diorama jedoch keine Verwendung, da sie nicht in den
dargestellten Zeitrahmen passen. Abgebildet sind hier zusätzliche
Figuren von
Century Wings und Shapeways, ferner die MD-3-Schlepper und das
Feuerlöschfahrzeug A/S32P-25 von Brengun (vgl. auch Bericht in
MF10/2016, S.20
ff). Dem Kit liegen sogar Lackiermasken bei, was sich insbesondere beim
A/S-32A-31A
als sehr erleichternd herausstellt!
2.)
Kit
FDD-014: 8 Figuren zum allgemeinen Decksbetrieb, vielfältig
einsetzbar.
3.)
Kit
FDD-015: 8 Figuren, davon 3 als Besatzung des Feuerlöschfahrzeugs,
3 Figuren zu
Startvorbereitungen und zwei „Checker“, die vor dem Start den
Heckbereich der
Maschinen überprüfen.
4.)
Kit
FDD-025: 3 Figuren, die eine Rakete tragen und zwei Lenkwaffentrolleys.
Die zur
Vervollständigung der Szene notwendigen Lenkwaffen muss man jedoch
aus der
eigenen Grabbelkiste oder aus einem Zubehörset beisteuern.
5.)
Kit
FDD-026): 3 Figuren und zwei Bombentrolleys, auch hier unbeladen.
Der
hierzulande noch sehr unbekannte Hersteller Tomytec aus Japan legt eine
wunderbare F-4 Phantom II vor, wie sie sich der Modellbauer des
Bonsai-Maßstabs
schon seit vielen Jahren gewünscht hat. Im Detail absolut korrekt,
was die
technischen Unterschiede zwischen den einzelnen Versionen angeht.
Dennoch ist
man versucht, den Bausatz als unlackierte Version zu fordern, gibt es
doch eine
Menge an Decals auf dem Aftermarket, welche die Erstellung von
Maschinen
verschiedenster Staffeln ermöglichen würden. Einen bereits
lackierten Bausatz für
eine Neulackierung abzubeizen ist nicht jedermanns Sache. Zudem ist
dafür der
Anschaffungspreis zu hoch. So freuen sich sicher über diese (vor-)
lackierten
Bausätze in erster Linie die F-4-Fans und die Modellbauer von US
Navy-Flugzeugen
im kleinen Maßstab, die sich mit den zurzeit vier
erhältlichen US
Navy-Versionen zufrieden geben. Vom gleichen Hersteller sind aktuell
deutlich mehr
Versionen von Jets der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte
(JASDF)
erhältlich, hier auch eine Vielzahl anderer Typen.
Ganz
ohne ist der Bau dieser Modelle dann doch nicht, diese Bausätze
sprechen eher
den bereits erfahrenen Modellbauer an und verlangen ihm einiges ab.
Denn
lackierte Modellbauteile zusammenzufügen erfordert ein
äußerst sauberes
Arbeiten mit einem problematischen Klebstoff, dem „Sekundenkleber“. Die
Spachtelmasse darf getrost in der Tube bleiben, Pinsel und Farbe sind
an
manchen Stellen gefordert – trotz der gelungenen Vorlackierung. Durch
Ergänzung der filigranen Figuren und dem Zubehör von Dameya
aus dem
3D-Drucker und
Produkten anderer Hersteller gelingen sehr stimmige Szenen vom
alltäglichen
Decksbetrieb auf US Navy-Flugzeugträgern bei minimalem Platzbedarf!