Die
24
Stunden von Le Mans als eines der bedeutendsten Rennen weltweit haben
mich –
wie sicher viele von euch ebenfalls – schon seit Jahrzehnten
interessiert.
Einen gewissen modellbauerischen Höhepunkt in meiner
Bastelwerkstatt erfuhr
dieses Thema, als ich vor einigen Jahren das komplette Starterfeld des
1970er
Rennens zusammentrug, viele Fahrzeuge davon im Eigenbau oder als
Repaint.
Insbesondere bei den damals privat eingesetzten 2,0- und 2,2-Liter
Porsche 911
war dies ein mühseliges, aber sehr lohnenswerte Unterfangen, wovon
ich
seinerzeit auch in der Car-on-Line, dem deutschen Slotcar-Magazin (COL)
berichtet hatte.
Als
im
vergangenen Herbst der Hollywood-Streifen „Ford vs Ferrari“ in den
Kinos
anlief, war mir noch gar nicht so klar, welche Auswirkungen sich daraus
auf
mein Hobby ergeben könnten. Erst nach dem Film, durch einige
Gespräche mit
meinem Slotcar-Freund Karsten Löchert aus Berlin entstand die
Idee, auch dieses
Starterfeld im Maßstab 1:32 auf die Bahn zu bringen!
Eine
stattliche Anzahl der gestarteten Wagen machten seinerzeit die Ford
GT40 aus,
die es allesamt von unterschiedlichen Herstellern zu erstehen gibt. An
dieser
Stelle möchte ich mein Augenmerk aber auf einen anderen
Fahrzeugtyp lenken: Den
Porsche Carrera 6 Langheck.
Nach
dem Motto „Woher nehmen, wenn nicht stehlen“ lief ich eine gewisse Zeit
dem vor
Jahren erschienenen Resine-Kit aus dem Hause MMK/TKP nach. Illusorisch,
solch
ein Modell noch zu ergattern – und darüber hinaus starteten 1966
ja drei (!) dieser
Carrera-6-Varianten, allesamt in hervorragender Platzierung auf den
Rängen 4
bis 6 mit den Fahrer-Paarungen Siffert/Davis (#30, blauer Frontdeckel
und
Seitenkästen), Herrmann/Linge (#31, rot) und Schütz/de Klerk
(#32, gelb).
Überrascht
wurde ich durch den interessanten Bau eines 906 Langheck von Claus aus
München, den
er im Scratchbuilder-Forum https://scratchbuilt.iphpbb3.com/forum/94048463nx42111/1-32-scratchbuilt-slotcars-f2/porsche-906-carrera-langheck-lm1966-t3412.html
vorstellte. Jedoch schien es hinsichtlich des Baufortschritts nicht
mehr
möglich zu sein, einen Abguss des Modells zu nehmen. Claus
stützt sich dabei
auf einen Umbau auf Fleischmann-Basis. Die Diskussionen im Forum
drehten sich
in der Folge um die Frage nach der Massstäblichkeit des Carrera 6
LH und der
jeweiligen Ausgangsform des Modells, welches man für den Umbau
herziehen sollte.
Mir kam jedoch die Idee, auf Basis des FLY-Modells vom Carrera 6
Coupé eine
eigene Langheck-Version zu entwickeln. Natürlich war mir klar,
dass die
FLY-Miniatur ein wenig zu „moppelig“ daherkam – aber dennoch. Meine
Überlegung
ging in die Richtung, dass es lediglich eines FLY-Modells als Spender
bedurfte,
um dessen kompletten Anbauteile einschließlich des Chassis und
der Technik zu
verwenden, die man schließlich in die Langheck-Karosserie
einsetzt. Auch
preisliche Aspekte spielten dabei eine Rolle. Zwar gibt es bei
Frankenslot/Slotcar-Factory die Karosserie (oder auch das
Komplett-Modell) des
Carrera 6 in der Kurzheck-Version aus den alten Fleischmann-Formen,
welches
wohl relativ gut im Maßstab gehalten ist. Für mich war es
aber schlüssiger, auf
der Basis von FLY mein Projekt zu verwirklichen. Schließlich
hatte ich bereits
einige andere Modelle aus dem 66er Rennen in meiner Sammlung, unter
anderem die
Ferrari 275 GTB von Racer, zwei echt gesuchte Raritäten. Dass die
Racer-Modelle
übergroß ausfallen, wurde in der Car-On-Line schon
mehrfach besprochen. Nun stelle
man sich aber einen maßstäblichen Carrera 6 Langheck auf
Fleischmann-Basis neben
einem Racer-Ferrari vor - für mich indiskutabel.
Im
Folgenden beschreibe ich die Schritte, die notwendig waren, um aus
einem Carrera-6-Coupé
von FLY die Langheck-Version zu bauen. Diesen Bericht findet ihr auch
(in verkürzter Form) in der aktuellen COL 03/2020, Seite 34
- 36:
Bei
der beim Langheck abgeänderten Front wurde es bereits ein wenig
kniffliger. Zunächst
einmal: Coupé-Nase ab! Der Radius der Verlängerung war
recht schnell zu
ermitteln, wie sollte aber dort der Einlauf für den
Ölkühler untergebracht
werden? Massiv arbeiten und später ausbohren? Viel zu ungenau,
wenn man es wie
ich frei Hand machen muss. So klebte ich zwischen zwei 1 mm starke
PS-Platten
den Radius des Frontbogens aus 2mm starken Platten, dem ich das
Mittelstück mit
1,3 mm Breite heraustrennte. Das so gewonnene „Sandwich“ galt es im
korrekten
Winkel an die Karosserie zu kleben, zu verspachteln und in Form zu
schleifen. Auch
hierbei orientierte ich mich an meinen Vorbildfotos. Die runden
Öffnungen für
die Bremsscheibenbelüftung bohrte ich später mit einem 1,5 mm
Bohrer auf. Auf
der Heckkante zeichnete ich die Positionen für die „Guerney-Flaps“
an und
gravierte sie mit einem scharfen Skalpell.
Die
Unterseite des Hecks wollte ich jedoch nicht so offen lassen und
Einblicke in
die „Eingeweide“ des Langheck-906 gewähren. Aus 1,5 mm PS-Material
schnitt und
schliff ich eine Abdeckplatte zu, die durch einen weiteren Aufsatz mit
abgerundeten
Ecken ergänzt wurde. Diese aufgesetzte Platte kann man auf einigen
Vorbildern
erkennen.
Mit dem Ergebnis des Umbaus war ich recht zufrieden – und nun? Noch zweimal den gleichen Umbau vornehmen? Und was ist mit Karsten aus Berlin? Der wollte ebenfalls gerne seine drei Langheck-906 haben. Also gut, Mein Umbau soll als Urmodell für einen Formenbau und Abgüssen dienen. Das wird sicher teuer! Dank meiner sehr verständnisvollen Gattin bekam ich für diesen Schritt meines Projekts „grünes Licht“. Meine Anfrage im Scratchbuilder-Forum nach einem Resine-Sachverständigen zündete nicht so wirklich, da die meisten Kollegen, die Erfahrung mit Formenbau und Resineguss-Technik haben, sich entweder an das Projekt nicht herantrauten oder keine Kapazitäten hatten. Der entscheidende Tipp kam schließlich von Alexander Ehl, dem Herausgeber und Chef der Car-On-Line, an den ich mich hilfesuchend gewendet hatte. Er empfahl mir Michael Wolter von der Fa. Tin Wizard. Dort werden zwar im Wesentlichen präzise Metallmodelle im Maßstab 1:43 hergestellt, Herr Wolter übernimmt aber auch Auftragsarbeiten zum Resineguss. Sehr schnell wurden wir uns einig und mein eingeschicktes Urmodell bedurfte nur an wenigen Stellen einer kleinen Korrektur (z.B. der Lufteinlauf vorne), die Herrn Wolter das Anfertigen einer Form erleichterte.
Die
ersten fünf gegossenen Modelle, die mir zugeschickt wurden, haben
mich total
begeistert! Extrem sauberer Guss, sehr schön dünn und mit
allen Details! Die
Originalkarosse des C6 von FLY wiegt inklusive der Seitenkästen
und des
Frontdeckels 14g, meine Langheck-Version bringt es gerade mal auf 21g.
Bei diesen
fünf Karosserien fand ich lediglich bei zweien einen kleinen
Gussfehler in Form
einer sehr kleinen Luftblase. Exzellente Arbeit! Die Schraubzapfen
wollte ich
jedoch nicht so ohne Weiteres anbohren und die FLY-Karosserieschrauben
einsetzen, die Gefahr eines Einreißens war mir zu groß.
Seit Jahren arbeite ich
hier nach der Methode von Frank Haseloff und klebe in die Schraubzapfen
die
Isolierung von 3x1,5 NYM Stromkabel ein. In der Folge verwende ich dann
nicht
mehr die zu starken Originalschrauben, sondern drehe M2x6er Schrauben
ein.
Die
Gurney-Flaps auf dem Langheck realisierte ich aus 0,5 mm starkem
PS-Material.
Zwei Stückchen mit 4 x 8 mm Abmessungen, am rückwärtigen
Ende mit abgerundeten Ecken
versehen, ergaben die mehr Anpressdruck versprechenden Klappen. Ich
habe sie
mit dünnen Streifchen PE-Materials gemäß den Vorbildern
am Heck abgestützt.
Einen
kleinen „Wermutstropfen“ gab es dennoch, auf den mich Herr Wolter
bereits im
Vorfeld hinwies: Die kleinen seitlichen Stäbchen, auf die man die
Seitenkästen beim
FLY-Original steckt, würden die Ausformung kaum unbeschadet
überstehen. Sie
sind einfach zu dünn und brechen ab. Die Befestigung der
Seitenkästen an der
Karosserie erfolgte in meinem Fall durch einen schmalen PS-Streifen,
den ich
beim ersten Modell mit Sekundenkleber an die Karosserieinnenseite, beim
nächsten jedoch direkt innen an den Seitenkasten klebte. Die
zweite Variante
erwies sich als sinniger, hier hat man gleich die korrekte Länge
und die
Position vor Augen, die man für den Streifen benötigt. An den
beiden Stützen
der Seitenkästen, die im Original die dünnen Stäbchen
der Karosserie aufnehmen
würden, klebte ich jeweils 1,5 mm starke Plättchen mit etwa
2x2 mm Kantenlänge.
Somit werden die Seitenkästen stabil im Inneren der Karosserie
abgestützt.
Der
anschließende Paint Job war schon wieder Routine. Zunächst
ging es mit der
Karosserie über Nacht in ein Bad mit Spülmittel. Danach
bereite ich meine
Resine-Karosserien auf die Lackierung vor, indem ich sie mit einer
alten
Zahnbürste und einem Flüssig-Scheuermittel abbürste.
Seit Jahren verwende ich
zur Lackierung Spraydosen von DUPLI aus dem Kfz-Bereich. Sowohl die
hier
verwendete weiße Grundierung als auch der glänzende Decklack
kommen von diesem
Hersteller.
Während
der Trocknungsphase der Karosserie wandte ich mich einer kleinen
Abänderung des
Chassis zu. Bedingt durch die tiefer gezogenen hinteren Radausschnitte
musste
die Hinterachse in ihrer Breite um 1,5 mm gekürzt werden, weil
sonst die Reifen
im Radhaus schleifen würden. Dazu trennte ich am Achszahnrad den
Kunststoff-Ansatz
ab und kürzte mit dem Trennschleifer
die
Achse. Um zusätzlich ein wenig mehr Spielraum zu bekommen,
beschnitt ich mit
einem scharfen Skalpell die Achsaufnahme der zweiten Felge. So schleift
und
stört nichts mehr den Lauf der Hinterachse im umgebauten Langheck.
Passend
zu den jeweiligen Fahrzeugen spendierte ich den Fahrerfiguren die
korrekten
Helmfarben: #30 Jo Siffert, #31 Hans Herrmann und # 32 Udo Schütz.
Als
ein „Fettnäpfchen erwiesen sich allerdings die
Frontscheinwerfereinsätze, die
ich zunächst 1:1 vom Spender-Coupé übernommen hatte –
Fehler! Denn es gibt auch
hier einen kleinen, nicht ganz unwesentlichen Unterschied zwischen der
Langheck- und der Coupé-Version des Carrera 6: Weist das
Coupé in der
Originalversion von FLY jeweils einen runden und einen darunter
sitzenden
rechteckigen Scheinwerfer im Gehäuse auf, so wurden bei der
Langheck-Version
zwei runde Leuchten verwendet. Die Blinker wanderten gleichzeitig an
die
Gehäuseinnenseite und nicht mehr zwischen die beiden
Hauptscheinwerfer. Nachdem
ich „Lehrgeld“ zahlen musste, wurde auch dieser Aspekt bei meinen
folgenden
Bauten berücksichtigt.
Ich
habe beim originalen Scheinwerfergehäuse die verbauten Lampen
entfernt, die Blinker
samt Träger herausgeschnitten, den Lampentopf des oberen
Scheinwerfers
verspachtelt und abschließend zwei verspiegelte
Scheinwerferlinsen mit 3,5 mm
Durchmesser von der Fa. Tin Wizard eingesetzt. So korrigiert wurden die
Scheinwerfer in die neue Langheck-Karosserie eingeklebt. Hier seht ihr
Versuche mit Scheinwerferlinsen verschiedenen Durchemessers, auch eine
Version mit zwei original FLY-Scheinwerfern (links), die mich aber
nicht zufriedenstellen konnte.
Im
Folgenden ein paar Impressionen dieser denkwürdigen Boliden aus
dem 1966er Rennen auf meiner Bahn, eingerahmt durch ihre Mitstreiter
der damaligen Zeit, die ihr alle ebenfalls auf dieser Seite findet:
Eine
Farbvariante zu den weißen Le Mans-1966-Boliden könnt ihr hier
sehen!