Matra Simca MS 650 Kurzheck und Langheck-Umbau, #30 und 32


Welcher Teufel mag mich geritten haben, als ich den neuen Matra-Bausatz von Proto in der Hand hielt…  Der wunderschön ausgeführte Resine-Kit gibt den Matra 630/650 der Jahre 1969/70 wieder, in der Le Mans-Version mit der #35 die Chassis-Nr.MS650-02, pilotiert von Nanni Galli und Robin Widdows. Doch auch noch im Jahr 1970 wurde die französische Flunder in der gleichen Version gefahren. Der 2. Decalsatz sieht das Auto des 1000 Km-Rennens von Buenos Aires vor, Chassis-Nr. MS630-03, mit Jean-Pierre Beltoise und Henri Pescarolo am Volant.


Für meine Sammlung der Rennwagen des 1970er Le Mans-Rennens (vgl. dazu meinen Artikel in der COL Nr. 85, Januar 2006) brauche ich den Matra dringend – jedoch leider nicht in der von Proto bereitgestellten Version. Also: Zunächst einmal die Recherche. Matra-Simca setzte 1970 an der Sarthe drei Fahrzeuge ein. Von den Chassis MS650-03 und -02 (einen Kurz- und einen Langheck-Prototypen, ferner der neue MS660) sah jedoch keiner die schwarz-weiß karierte Flagge. Speziell dem 650-02er-Chassis möchte ich mich hier zuwenden, da ich den irrwitzigen Versuch unternommen habe, aus einem Kurzheck- einen Langheck-Prototypen zu bauen. Dass ganz nebenbei aus einem zweiten Proto-Kit auch ein 1970er Kurzheck-Prototyp des 1970er LM-Rennens dabei heraussprang sei nur am Rande erwähnt – auf den Fotos dient er als äußerst passende Ergänzung.


Folgende Umbauabschnitte vom 69er Kurzheck zu 70er Le Mans Langheck waren zu beachten:

1. Anspachteln des Heckkonus
2. Verschließen der beiden vorhandenen Ansaugöffnungen
3. Einfräsen einer neuen zentralen Ansaugöffnung
4. Abdecken der Beifahrerseite
5. Bordwanderhöhung
6. Neugestaltung des Windabweisers
7. Aufsetzen einer geänderten Kühlluftablenkung

Doch bevor es ans Eingemachte ging, war Standartarbeit angesagt: Die Abstimmung zwischen der Karosserie und dem ausgewählten Chassis. Wegen der passenden Breite und den ohnehin benötigten Rädern fiel die Wahl sehr schnell auf ein Porsche 908 Chassis von FLY, also Großserie. Nach dem Trimmen der Seitenteile war lediglich der Radstand um 2mm zu kürzen. Die vorderen Radträger wurden von der Chassisplatte bündig getrennt und 2mm zurückversetzt mit 2K-Kleber wieder befestigt. Hierbei sind genaue Korrekturen zum Sitz der Räder in den Radhäusern der Karosserie wichtig und während des Anziehens des Klebers zu korrigieren.



Die Schraubzapfen bestehen aus 3mm Messingröhrchen, in die Kabelisolierungen (3x1,5 NYM) eingeklebt wurden. Zum richtigen Sitz wurden sie grob ausgemessen, abgelängt und am Chassis befestigt. Unmittelbar hinter der (nun durchgehenden) Vorderachse bohrte ich ein neues Loch in der Breite des Schraubenkopfes, klebte aber von Innen eine kleine Platte gegen, durch die nur der Schraubenkörper passte. Somit konnte der Schraubenkopf versenkt werden.

Im Inneren der Karosserie ist der grobe Klotz im Heck weg zu fräsen, er stört später nur bei der Detaillierung. Sobald der richtige Sitz der Karosserie auf dem Chassis ausgemittelt ist, werden nun die Schraubzapfen mit 2K-Kleber in die Karosserie verklebt.


Auf diesem Foto sieht man weiterhin, dass die Innenseite der Radhäuser und auch ein Stück der Motorhaube bearbeitet werden musste, um Platz für das Chassis, die Räder und den Motor zu bekommen. Unbearbeitet schleift das Ritzel an der Unterseite der Motorhaube! Dabei sollen doch aber die Räder sauber in den Radhäusern eintauchen. Also: Sehr vorsichtig nacharbeiten und ausschleifen! Passt man nicht auf hat man sich sehr schnell durch die Motorhaube geschliffen. Auch der Freigängigkeit des Leitkiels muss in Form einer Aussparung Rechnung getragen werden, die an der Schnauze des Matras schlichtweg eingefräst bzw. geschliffen wird.

Nun zum Wesentlichen, dem Karosserieumbau.

Im Vorfeld trennte ich die beiden Lufthutzen der Getriebekühlung auf der Heckabdeckung mit einem Skalpell ab, um sie im weiteren Verlauf der Arbeiten nicht zu beschädigen. Sie werden später wieder an die gleiche Stelle geklebt.

Zwei Möglichkeiten boten sich mir für die Gestaltung des Langhecks grundsätzlich an. Einerseits das Erstellen einer Rahmenkonstruktion der verlängerten hinteren Kotflügel durch Messingröhrchen und deren anschließender Beplankung – Spachteln und Schleifen eingeschlossen. Diese Variante wäre sicher von Belang, wenn man durch Gewichtsersparnis noch halbwegs gute Fahreigenschaften mit diesem Umbau-Renner erzielen will. Kurz überlegt: Will ich nicht! Also: Massives Spachteln (2K-Feinspachtel aus dem Kfz-Bereich des Baumarktes)! Hierzu diente mir als „Armierung“ eine Schraube mit einem kleinen Kopf, die in jede Seite des Hecks eingedreht wurde und anschließend 14 mm überstehen sollte.


Ein weiterer Millimeter Überstand besteht dann noch aus Spachtelmasse. Da die Innenseiten des Heckkonus senkrecht waren, passte ich eine 1mm starke Polystyrolplatte ein, die nach der Verspachtelung in Form gebracht wurde.


Dann blieb nur noch das Zuspachteln übrig! Da die eingesetzte Schraube zusätzlich im Heck verklebt wurde, ist eine ausreichende Stabilität gegeben. Die grobe Form des Konus wurde mit einer Elektrofeile gestaltet, dann ging’s sehr mühselig per Hand und Schleifpapier quer durch alle Körnungen weiter.

 

Nach dem Aufsetzen der Trägerplatten für die Rücklichter konnten auch die Kühlluftöffnungen auf der Heckabdeckung wieder angebracht werden. Auf deren Höhe wird seitlich in den Kotflügen das Lager für den Heckspoiler gefräst und durch die zentrale Stütze des Spoilers ergänzt. Die Aufnahme der zentralen Spoilerstütze stammt ebenso wie der Spoiler selbst aus meiner Grabbelkiste (er gehörte zu einem 1:43er Calsonic-Nissan). Zwei kleine Nadelstücke bildeten die Gelenke der Spoilerfläche. Soviel zum Heck.

Arbeiten wir uns weiter in Richtung Front durch, so stellen wir fest, dass der Bausatz die Ansaugöffnungen für die MS09-Version des V12-Triebwerks wieder gibt. In dieser Variante waren die Ansaugtrichter in V-Form angeordnet. Die Motorvariante, die den Langheck in Le Mans 1970 befeuerte, nannte sich MS12 und da standen 2 Reihen der je 6 Ansaugtüten parallel nebeneinander. Also: Verschließen der vorhandenen Öffnungen (von unten hatte ich eine dünne PU-Folie gegen geklebt, das Verspachteln erfolgte hier probehalber mit Glasfaserspachtel, die auf den Fotos dunkelgrau erscheint) und Auffräsen einer neuen, 8x22 mm großen Öffnung, die im hinteren Bereich ausgerundet ist.
Die 70er LM-Version des Matra-Simca hatte im Gegensatz zur 69er Variante einen etwas anderen Fahrerbereich. Hier war der Beifahrersitz weiter abgedeckt und die Bordwand des Fahrers erhöht. Beides ist leicht mit 1mm Plastikplatten zu bewerkstelligen, Spachteln und Schleifen inbegriffen. Etwas schwieriger wird es aber mit dem geänderten Windschutz des Fahrers. Wurde dieser 1969 noch als Plexiglasscheibe eingesetzt, war sie 1970 bereits massiv. Aus dünner Kunststofffolie klebte ich von unten eine Art Stütze gegen, die von oben her verspachtelt und in Form geschliffen werden musste – eine reine Fleißarbeit!


Gleiches galt für die geänderte Abluftführung des Ölkühlers in der Front. Wiederum aus dünner Plastikfolie schnitt ich mir eine Schablone, die zunächst an die alte Austrittsöffnung angeklebt wurde (Referenzfotos für die Formgebung beachten!). Von der Seite her wird sie schlichtweg mit Spachtelmasse verschlossen, in Form gebracht und verschliffen.

Aus meiner Sicht ist der dem Bausatz beigefügte Draht zur Erstellung des Überrollbügels zu stark. Ich verwendete eine zurecht gebogene Büroklammer, die mit einer Stütze aus dem gleichen Material ergänzt wurde. Vor dem nächsten Bauabschnitt gilt es, den Bügel an den vorgegebenen Fixpunkten der Karosserie zu montieren.
Vor der sich nun anschließenden Grundierung ist es wichtig, alle Spachtelarbeiten nochmals genau auf etwaige angeschliffene Luftbläschen zu überprüfen und diese ebenfalls zu verschließen, also immer wieder nachspachteln und schleifen. Eine gute Ausgangsbasis für eine gute Grundierung ist das komplette Abbürsten/Entfetten der Karosserie mit einer alten Zahnbürste und Zahnpasta! Selbst kleinste Löchlein, die evtl. mit Schleifstaub zugesetzt wurden, sind danach gut zu erkennen.
Nach der Grundierung mit Kfz-Primer erfolgte die endgültige Lackierung. Der weiße Fahrerbereich erhielt zunächst die weiße Farbgebung (Revell), die nach einer ausreichenden Trockenzeit abgeklebt wurde. Aus meiner Sicht bringt der Revell-Lack 52 den blauen Matra-Farbton recht gut rüber, damit erfolgte sodann die Lackierung der restlichen Karosserie.
Nach dem Aufbringend der Decals von Bruce Pattos (in Ergänzung mit einigen Abziehbildern aus dem Kit) und dem Einsetzen der Scheinwerfer und ihren Abdeckungen kam die Deckschicht von MiPA-2K-Lack zum Einsatz.
Ebenfalls nach ausreichender Trockenzeit der Karosserie verbaute ich das modifizierte Cockpit des Porsche 908. Hierzu wurde die komplette hintere Bordwand mit dem Motorträger entfernt, passend zurecht geschliffen und am vorderen Ende eine Trägerplatte angebracht, die wegen des Schraubzapfens in der Karosserie mittig ausgeschnitten sein muss.


Auch für „Francois Cevert“ stand eine kleine Modifikation an: Beide Arme der FLY-Figur wurden abgetrennt und in einer tieferen Position wieder an den Körper angebracht. Die Haltung der FLY-Figuren ist ab Werk ohnehin ein wenig seltsam… Francois musste aber auch noch ein wenig tiefer ins Cockpit rutschen, so wurde ihm schlicht das „Hinterteil“ entfernt. Alternative: Den Sitz großflächig ausschneiden, dann rutscht der Fahrer ebenfalls tiefer ins Cockpit. Auch das Porsche-Amaturenbrett fand im Matra Verwendung. Zugeschnitten und unter die Verkleidung geklebt rundet es die Cockpitausstattung so richtig ab.

Dem Bausatz liegt zwar eine Resine-Fahrerfigur bei, die mich jedoch nicht überzeugen konnte. Zum Einen wären viele Gußfehler zu verspachteln gewesen, zum Anderen sitzt der Fahrer aus Platzersparnis nur in einem halben Sitz, die Hälfte seines Rückens und der linken Schulter fehlen ebenfalls. Da war mir ein Zurechtschneiden des Porsche 908er Cockpits und die Verwendung des FLY-Fahrers allemal lieber!

Bei der Nachbildung des Motors griff ich ein wenig in die Trickkiste. Die Vergitterung des Ansaugtraktes wurde mit sehr feinem Maschengewebe nachgebildet, die darunter befindlichen Ansaugtrichter sind aber nur ein Foto:


Es ist in der französischen Flunder einfach kein Platz im Heck, um einen dreidimensionalen Ansaugtrakt eines 12-Zylinders unterzubringen. Es reichte ja kaum für den FLY-Motor! Also hielt ein Ferrari 512er-Motor aus einem Langheck-Modell als Fotomodell her. Das digital nachbearbeitet und in der passenden Größe ausgedruckte Foto (s.o.) klebte ich unter den Gitterdraht! Fertig ist die Illusion! Tests ohne die „Motorattrappe“ zeigten trotz der engen Maschen des Gitters einen unschönen Blick auf den FLY-Motor, was es durch diesen Kniff zu verhindern galt! Was den Highspeed-Racern aus Gewichtsersparnis recht ist, konnte mir in dieser Notsituation nur billig sein!


Als abschließenden Gimmick verwendete ich das Getriebe- und Kühlluftbauteil des Porsche 908, das zur weiteren Detaillierung ins Heck des Matras geklebt wurde.

Alles in Allem ging der Umbau wesentlich leichter und mit weniger Schwierigkeiten von der Hand als befürchtet. Ich bin eher ein Spachtel- und Schleif-Muffel, aber hier war es nun einmal das Wesentliche, um zu einem außergewöhnlichen Fahrzeug zu gelangen – mit einem recht ansprechenden Ergebnis, wie ich finde!  Eine äußerst seltene Erscheinung,  dieser Langheck-Matra, fuhr er in dieser Version doch ausschließlich 1970 im Le Mans-Rennen!  So manchem Le Mans-Sammler läuft bei diesen Bildern sicherlich das Wasser im Munde zusammen...  ;o))



Hier nochmal (Bilder oben und unten) der direkte Vergleich zum parallel gebauten Kurzheck-Umbau, der ebenfalls alle übrigen 70er LM-Modifikationen erhielt:





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